Geschätzte Damen und Herren
Ich freue mich, Sie als Präsident der Zentralschweizer Handelskammer so zahlreich an unserem Neujahrsapéro begrüssen zu können. Eine Tradition, die offensichtlich auf grosses Interesse und viel Gegenliebe stösst, wenn ich so in die Runde blicke. Schön, dass Sie alle heute in den Schweizerhof gekommen sind!
Wie war 2010? Wie wird 2011? Wenn Sie nun von mir dazu verbindliche Analysen oder Prognosen erwarten, dann muss ich Sie leider enttäuschen. Für aufregende Prognosen empfehle ich Ihnen die Wahrsagerin im Nomandenzelt in der Eingangshalle – sie kann Ihnen aus der Hand lesen und Ihnen verraten, was Sie in der Zukunft erwartet. Und für brillante Analysen der wiederum unzähligen veröffentlichten Statistiken ist mein werter Vorgänger als HKZ-Präsident, Dr. Werner Steinegger, der viel kompetentere Ansprechpartner als ich. Wenn Sie also dazu Fragen haben, dann suchen Sie doch nach meinen Worten ganz unauffällig das bilaterale Gespräch mit ihm! Er wird Sie nicht enttäuschen.
2010 erfuhr unsere Organisation einschneidende Änderungen – sowohl die Direktion wie auch das Präsidium wurden neu besetzt. An dieser Stelle möchte ich noch einmal unserem langjährigen Direktor Alex Bruckert für sein 23-jähriges Wirken danken. Mit seiner starken Persönlichkeit hat er die Zentralschweizer Handelskammer seit seinem Stellenantritt 1986 nachhaltig geprägt. Nicht minder engagiert war auch Werner Steinegger, den ich vergangenen Mai als Präsident unserer Organisation ablösen durfte. Mit seiner intellektuellen Brillanz, seiner gradlinigen Art und seinen unmissverständlichen, pointierten Statements hat er die Zentralschweizer Handelskammer und ihre Wahrnehmung in der Öffentlichkeit jahrelang bestens positioniert. Ich denke, diese zwei Persönlichkeiten haben an dieser Stelle nochmals einen herzlichen Applaus verdient!
Das neue Gespann an der Spitze der HKZ besteht seit letztem Jahr aus Felix Howald und mir. Ich nenne Felix Howald hier bewusst an erster Stelle, denn der Direktor ist für unsere Organisation von grösserer Bedeutung! Mit hoher Kadenz und grossem Engagement hat er frischen Wind eingebracht – ich bin sicher, Sie haben dies auch bemerkt. Zusammen mit ihm möchte ich die Zentralschweizer Handelskammer geeinter, stärker, häufiger und wahrnehmbarer als DIE Zentralschweizer Wirtschaftsorganisation ins Gespräch bringen und positionieren. Wir wollen bewirken, dass die Wirtschaft die Politik verstärkt herausfordert. Wir möchten auch zukunftsweisende Prozesse anstossen. Gemeinsam mit Ihnen, geschätzte Gäste, möchten wir den politischen Gremien als vereinte, konstruktiv fordernde, verlässliche aber auch starke Organisation entgegentreten.
A propos starke Organisation: Am 3. Mai 2011 planen wir die Zentralschweizer Handelskammer mit der Luzerner Industrie Vereinigung zu fusionieren. Ziel unseres Zusammenschlusses ist es, als stärkste Wirtschaftsorganisation und wirkungsvollste Unternehmensplattform der Zentralschweiz aufzutreten und mit EINER Stimme im politischen Prozess für optimale Rahmenbedingungen in der Zentralschweiz zu kämpfen aber auch die wirtschaftspolitische Agenda der Zentralschweiz mitzuprägen. Wenn wir dies erreichen wollen, brauchen wir aber auch Ihre Unterstützung und Ihr Know-How. In diversen Arbeitsgruppen, in denen Wirtschaftsvertreter ihre Wünsche und Forderungen gegenüber der Politik formulieren, wollen wir zu aktuellen Themen zukunftsweisende Prozesse in Gang bringen, damit unsere Standortattraktivität weiter verbessert werden kann. Von diesen Positionspapieren erhoffe ich mir sehr viel und ich lade Sie, geschätzte Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter, gerne dazu ein, sich in diesen Arbeitsgruppen zu engagieren und einzubringen.
Um im Standortwettbewerb bestehen zu können muss unsere Region, die Zentralschweiz, zusammenstehen und gemeinsam auftreten. Nur so schaffen wir ein Gegengewicht zu den anderen Regionen, mit denen wir im Wettbewerb stehen – und damit meine ich nicht bloss das Millionenzürich, das Diplomatenviertel um Genf oder das Dreiländereck um Basel. Unternehmer und Investoren im Ausland müssen weder Ob- noch Nidwalden, weder Uri, Schwyz noch Luzern kennen – sie müssen aber wissen, dass es eine traumhaft schöne Zentralschweiz gibt, die sicher ist, gute Schulen hat und unglaubliche Standortvorteile bietet. Wenn dadurch jeder Kanton profitieren kann, werden wir gemeinsam stärker und verschaffen uns so den notwendigen Respekt. Arbeiten wir also weiter an einem starken Netzwerk in unserer Region, damit wir als eine, attraktive Wirtschaftsregion wahrgenommen und respektiert werden. Mit einer starken Stimme, nicht als verzettelte Vertreter von Partikularinteressen. So werden wir ernstgenommen, und nur so erhalten wir das notwendige Profil!
Die Schweiz als kleine offene Volkswirtschaft – und mit ihr natürlich auch die Zentralschweiz – befindet sich mitten in einem weltweiten Sturm, von dem wir noch nicht wissen wie heftig er ist oder wie sein Verlauf sein wird. Unser Florieren hängt stark von internationalen Entwicklungen ab, die wir nur am Rande beeinflussen können. Es scheint mir wichtig, dass wir lernen mit Unsicherheiten umzugehen aber auch , dass wir uns bewusst sind, dass wir nie alleine sind – weder als Personen, als Unternehmung, als Kanton oder als Staat. Wir sind immer Teil eines grösseren Ganzen.
Ein Phänomen, das die internationalen Entwicklungen im Moment stark prägt, ist die gegenwärtig massive Überschuldung der Staatshaushalte im EU-Raum und in den USA. Diese Krise wird meines Erachtens auch im kommenden Jahr erhebliche Auswirkungen auf den Wechselkurs des Frankens haben und dadurch die Exportwirtschaft weiterhin stark belasten. Ob wir wirklich mit einem Euro von 1.00 Franken oder mit einem Dollar von 50 Rappen leben müssen weiss ich auch nicht. So lange die Druckmaschinen auf der ganzen Welt noch weiter Geld pressen, wird sich das aktuelle Niveau von Euro und Dollar noch lange nicht markant verändern. Besonders betroffen von dieser Situation sind der Tourismus – in unserer Region ein äusserst wichtiges Standbein -, die Textil-, Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie sowie KMU mit Absatzmärkten in Europa, mittlerer und fernen Osten. Wie soll sich die Schweiz nun in diesem Umfeld wirtschaftspolitisch verhalten? Gemäss Economiesuisse stehen folgende wirtschaftspolitischen Konsequenzen im Vordergrund:
- Finanzpolitische Hausaufgaben vorausschauend angehen und lösen: Die Schuldenbremse muss eingehalten werden, damit wir nicht in den gleichen Strudel geraten wie unsere Nachbarn.
- Die Attraktivität im Steuersystem erhalten. Auswüchse eliminieren und in einzelnen Bereichen geschickt anpassen, damit wir weiterhin an der Spitze bleiben und unser Steuersystem international nicht angreifbar ist.
In diesen beiden Punkten steht die Zentralschweiz sicherlich als Musterknabe da. Was wir in dieser Situation tun können und selber in der Hand haben, ist, die Rahmenbedingungen für unsere KMU und Firmen so zu verbessern, dass sie dem rauen Wind, der ihnen wegen des harten Frankens entgegen bläst, trotzen können. Ich denke, dessen ist sich die Politik bewusst. Aber was können die Unternehmen noch dazu beitragen? Die Produktivität lässt sich vermutlich nicht so rasant steigern, dass die Verluste auf der Währungsseite eliminiert werden können. Aber vielleicht könnten wir ja mehr Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein an den Tag legen! Bieten wir unsere Produkte auf dem Markt offensiv in Schweizer Franken an! Manchmal denke ich, dass mit etwas Mut viel mehr zu erreichen wäre!
Im internationalen Vergleich haben unsere Unternehmen ihre Hausaufgaben vergleichsweise frühzeitig gemacht und damit die jüngste Wirtschaftskrise besser gemeistert als andere Länder. Einmal mehr bewährt hat sich der flexible Arbeitsmarkt, wobei das Instrument Kurzarbeit auch in unserer Region diversen Unternehmen geholfen hat, gut ausgebildete Mitarbeiter zu halten und dadurch bei anziehender Nachfrage in kürzester Zeit wieder lieferfähig zu sein.
Gerade bei den erwähnten „gut ausgebildeten Mitarbeitern“ sehe ich eine grosse Chance für die Zentralschweiz. Wer hätte gedacht, dass Uri jemals den längsten Tunnel der Welt, Nidwalden die längste schwimmende Brücke Europas, Obwalden einen Marathoneuropameister, Luzern Miss und Mister Schweiz hat oder dass der FCL Wintermeister wird? Warum soll sich unsere Region nicht auch zum führenden Fachhochschul-Anbieter des Landes entwickeln? Bildung und Forschung sind entscheidende Voraussetzungen für wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen und damit für die Gestaltung der Zukunft. Deshalb zählt für mich das Bildungssystem zu den zentralen Standortfaktoren. In der Bildungspolitik wird das Fundament für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes gelegt. Unsere Aktivitäten müssen auf eine Erhaltung und Verbesserung der Qualität und des Leistungsniveaus auf allen Schul- und Bildungsstufen sowie auf eine verstärkte Ausrichtung des Schulsystems auf die Erfordernisse der Berufs- und Arbeitswelt zielen. Darüber hinaus muss eine Steigerung der Attraktivität der Berufsbildung angestrebt werden. In diesen Bestrebungen sollten die Zentralschweizer Kantone zusammenstehen und zusammenspannen – denn hier sehe ich eine grosse Chance für unsere Region und ihre Unternehmen. Die Entwicklung der Diskussion um die PHZ ist eine gefährliche und darf den Bildungsstandort Zentralschweiz nicht gefährden – sonst haben wir hier bald ein Bildungsproblem! Fachhochschulen sollen gestärkt und das Angebot gemäss den Bedürfnissen der Wirtschaft weiter ausgebaut werden. Denn von den gut ausgebildeten Praktikern vor der Haustür profitieren nicht zuletzt auch die lokalen Unternehmen.
Dringenden Handlungsbedarf sehe ich auch bei unserer Verkehrsinfrastruktur. Mobilität bildet die Voraussetzung für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung einer Region. Eine bedarfsgerechte und leistungsfähige aber auch finanzierbare Verkehrsinfrastruktur stellt die Grundlage für einen attraktiven Wirtschaftsstandort dar. Wenn ich sehe, was ein wenig Schnee für Megastaus auslösen kann, dann haben wir einen kritischen Punkt erreicht. Unsere Verkehrsinfrastruktur hält dem Stresstest nicht mehr bedingungslos stand. Dies ist meines Erachtens ein klarer Ausdruck unserer Optimierungs- oder Sparstrategie. Wir müssen vorsichtig sein, dass wir durch unaufhaltsames und manchmal unbedachtes Sparen nicht auch noch unsere Chancen vernichten. Mir wird Angst und Bange, wenn ich an die anstehenden grossen Bauvorhaben denke, die den Verkehr in der Zentralschweiz stark beeinflussen werden. Verkehrsprobleme beim Gubrist, Sanierung Sonnenbergtunnel und Seelisbergtunnel oder Schliessung Gotthard sind hier nur ein paar Stichworte. Tiefbahnhof Luzern und Bypass andere, die es gilt, nicht aus den Augen zu verlieren. Bezüglich Verkehr stehen unserer Region in nächster Zeit viele Herausforderungen bevor. Damit wir nicht das Nachsehen haben und über unsere Köpfe hinweg geplant wird, müssen wir uns zusammenraufen und gemeinsam als Zentralschweiz für praktikable Lösungen kämpfen. Nur so haben wir Chancen zu bestehen und unsere Verkehrsinfrastruktur nachhaltig weiter zu entwickeln.
Trotz erhobenem Mahnfinger halte ich fest: Die Schweizer Wirtschaft steht heute solide da! Doch wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen und uns selbstzufrieden gegenseitig auf die Schultern klopfen. Qualitätsdenken, Zuverlässigkeit, Innovationskraft, aber auch Steuersituation, Zugang zu hoch qualifiziertem Personal usw. – viele Standortfaktoren sprechen für den Wirtschaftsstandort Zentralschweiz. Ich appelliere aber auch an Ihren Unternehmergeist! Wie die Vergabe des Innovationspreises der Zentralschweizer Handelskammer an die Maxon Motor AG und Stöckli Swiss Sports Anfang Dezember einmal mehr gezeigt hat, sind Unternehmen aus unserer Region zu herausragenden Leistungen fähig und bewegen sich am Puls der Zeit. Zentralschweizer Produkte schaffen es auf den Mars und in den Olymp!
Nehmen wir uns diese unternehmerische Haltung als Vorbild und glauben wir an die ausgeprägte Innovationskraft im Herzen der Schweiz. Glauben wir an unsere Visionen! Ich weiss, es braucht viel, bis diese ausgereift und marktfähig sind. Das Streben nach Neuem und das Überwinden von vielen Hindernisse gehören genauso dazu wie andere für gemeinsame Ziele zu begeistern.
Die beiden genannten Preisträger zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie den Anspruch haben, die Nummer 1 zu sein und zuoberst auf dem Treppchen zu stehen. Genau diese selbstbewusste Haltung macht vermeintlich Unmögliches möglich!
Ich hoffe, dass sich viele weitere Unternehmen aus unserer Region durch diese beispielhaften Leistungen inspirieren und anspornen lassen. Ich wünsche uns allen diese Stärken, dieses Streben nach Erfolg und Spitzenleistungen. Und Ihnen allen wünsche ich nur das Beste und viel Erfolg für 2011.
Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen nun einen anregenden, interessanten Neujahrsapéro!