Herr Präsident, Herr alt-Bundesrat, Frau Regierungsrätin, liebe Kameraden vom Füs Bat 47, liebe Schützen 12er
Ich freue mich, dass ich heute vor Ihnen stehen und ein paar Worte an Sie richten darf. „Patriotische Ansprache“ durch Hans Wicki stand auf der Einladung – das fühlt sich wie eine Herkulesaufgabe an, wenn Dölf Ogi unter uns weilt, der unzählige auch unvergessliche patriotische Reden gehalten hat. Ogis Vaterlandsliebe war und ist immer spürbar, obwohl er immer auch ein Weltbürger war. Das unterscheidet ihn von den Nationalisten, die nur die eigene Nation gelten lassen und andere abwerten. Richard von Weizsäcker sagte einmal: „Patriotismus ist die Liebe zu den Seinen, Nationalismus ist Hass auf die anderen.“
Vermutlich hat eine patriotische Rede heute auch eine ganz andere Bedeutung als noch vor 3 Monaten – wir sind konfrontiert mit einer menschenverachtenden, konventionellen militärischen Operation nicht weit von uns entfernt. Vermutlich ist jetzt, nach dem völkerrechtswidrigen Einmarsch der Russen in die Ukraine, allen klar, dass schöngeistige Zusammenlebenskonzepte keine Zukunft haben. Wenn wir an die schreckliche Situation im Osten der Ukraine denken und feststellen, dass gewisse Gebiete vermutlich geopfert werden, müssen wir uns bewusst sein, dass früher wohl auch Hergiswil ein solches Gebiet gewesen wäre. Die Schiessstellungen am Lopper, der Schnitzturm in Stansstad und das Sprengobjekt zwischen Hergiswil und Stansstad deuten darauf hin, dass ein Angriff auf Nidwalden hier in diesem Teil des Vierwaldstättersees stattgefunden hätte. Nidwalden hätte uns Hergiswiler also wohl geopfert. Ob das heute aus finanzpolitischer Sicht immer noch opportun, das wage ich aber zu bezweifeln …
Zurück zum Begriff „Patriot“ – wer ist denn überhaupt ein Patriot? Als Patriotismus wird eine emotionale Verbundenheit mit der eigenen Nation bezeichnet, die auch Vaterlandsliebe, Nationalgefühl oder Nationalstolz genannt wird. Soviel zur Definition dieses Wortes. Auf der Website www.patriot.ch finde ich aber aktuell gerade viel zu Verschwörungstheorien; Schweizer Demokraten, Freiheitstrychler und Impfrebellen tummeln sich da. Ist ein Patriot also einer, der mit dem Schweizerkreuz auf der stolz geschwellten Brust polemisierend durchs Land zieht? Gar einer, der für seine Ideen sogar die Spaltung unserer Gesellschaft in Kauf nimmt?
Oder eher einer, der schaut, dass alles so bleibt wie es früher einmal war? Oder ist es vielleicht sogar jener, der vorausschauend plant und verändert und dadurch die Grundlagen dafür schafft, dass es bei uns in der Schweiz auch in Zukunft noch schön und lebenswert ist? Es gibt offensichtlich verschiedene Wege, ein Patriot zu sein! Für mich gilt, dass man seine eigene Herkunft kennen sollte, damit man erfolgreich in die Zukunft schreiten kann. Darum ist es wichtig, gewisse Kulturen, Errungenschaften und Eigenschaften zu bewahren – aber man darf dabei die gesellschaftliche, politische und ökonomische Entwicklung nicht negieren, sonst kommt es lätz! Ein Patriot ist nicht einfach ein Bewahrer, der um Himmelsgottswillen bloss nichts verändern will. Ein guter Patriot schaut in seiner Vaterlandsliebe auch vorwärts! Deshalb will er unser System – das ich für eines der besten dieser Welt halte – sicherstellen, damit auch kommende Generationen von direkter Demokratie und weiteren, einzigartigen Errungenschaften profitieren können. Und um dies zu erreichen, muss man sich bewegen, weil sich auch unsere Gesellschaft und unser Umfeld verändern.
Das heisst aber keinesfalls, dass ich alle Entwicklungen in den vergangenen Jahren als gut oder gar patriotisch erachte. Ja, es ist schon sehr bedenklich, wenn wir heute hören, dass unsere Armee vermutlich nicht mehr durchhaltefähig und in einem konventionellen Krieg nur mässig überlebensfähig sei. Es ist auch sehr bedenklich, wenn wir vom Bundesrat zu hören bekommen, dass er auf die Dienste des Armeeführungsstabes während der Pandemie bewusst verzichtet hat. Und da fragen wir uns, wieso wir dauernd zu spät waren bei der Organisation oder Beschaffung von Material…? Und es ist schlicht unverständlich, dass der Chef der Armee nicht einmal in der sogenannten Kerngruppe Sicherheit vertreten ist, die die Regierung bezüglich Sicherheitspolitik beraten soll und aus lauter Chefbeamten besteht.
Wäre es also doch konsequent, dem Patrioten mit der stolz geschwellten Brust zu glauben? Wenn ich mir vor Augen führe, wohin dieser Patriotismus unsere Armee in den vergangenen fast 30 Jahren gebracht hat, wage ich zu bezweifeln, ob das der richtige Weg ist. Waren und handelten wir nicht zu rückwärtsgewandt? Ob man es will oder nicht: die Welt, Europa und selbst die Schweiz sehen heute ganz anders aus als vor 100, 50, 30 oder 10 Jahren. Mit exponentiell steigender Geschwindigkeit haben sich viele Sachen und Werte verändert. Vielleicht ist es ja genau dieser schnelle Wandel, der viele unter uns überfordert und zur Haltung „es sell alles bliibe wiäs isch“ verleitet. Aber ist Stehenbleiben tatsächlich patriotisch?
Die stete Veränderung hat uns auch Wohlstand, Vollbeschäftigung, Gesundheit und ein hervorragendes Bildungssystem gebracht. Vielleicht ist das der Grund, wieso schöngeistige Konzepte plötzlich mehrheitsfähig wurden, Bequemlichkeit um sich griff und sich immer weniger Menschen für unser Land und unsere Gesellschaft engagieren. Ich habe stark den Eindruck, dass Vaterlandsliebe vielerorts dem persönlichen Erfolg weichen musste. Früher waren die Parlamente gut bestückt mit erfolgreichen Unternehmern, klugen Köpfen und Menschen, die in der Bevölkerung geschätzt wurden. Dass sie sich für das Gemeinwohl und nicht bloss für ihren persönlichen oder wirtschaftlichen Erfolg einsetzten, erachte ich als zutiefst patriotisch. Schauen sie sich die Parlamente heute an… Da sieht man Parlamente, die zu 60% aus UniverstitätsabgängerInnen bestehen, viele davon bringen kaum Führungserfahrung mit und mussten entsprechend wenig Verantwortung übernehmen.
Sogar heute – im Wissen um die anscheinend notwendige militärische Operation im Osten von Europa – sind die Polparteien in unserem Land immer noch nicht fähig und willens, eine sachliche Debatte zur Neutralität oder zur internationalen Zusammenarbeit zu führen. Man glaubt immer noch, dass die Wahlen im nächsten Jahr wichtiger sind als die Zukunft unseres Landes, darum will man sich nicht an heiklen Themen die Finger verbrennen. Ich bin entschieden gegen Denkverbote und finde es in der aktuellen Situation wichtig, dass wir uns zu unseren Werten und Partnern bekennen! Wäre nicht genau DAS ein Ausdruck von Patriotismus und Vaterlandsliebe? Man muss sich ja nicht gleich der NATO anschliessen …
Darum mein patriotischer Aufruf:
- Unternehmer, kluge Köpfe und vaterlandsliebende Menschen: Engagiert Euch für unser Land! Gestalten wir miteinander unser System und machen es zukunftstauglich!
- Männer und Frauen in diesem Land: Nehmt Euer Recht auf Abstimmungen und Wahlen wahr und gestaltet die Zukunft unseres Landes aktiv mit!
- Lassen wir uns nicht auseinander dividieren und spalten, setzen wir uns gemeinsam und mit Respekt voreinander für unser Land und seine Entwicklung ein!
- Machen wir einen wichtigen Schritt zur Erhöhung der Kampfstärke und Verteidigungskraft unserer Armee – erhöhen wir das Budget auf eine vernünftige Höhe und beschaffen wir den F35 sofort.
- Starten wir eine politische Debatte über die Ausgestaltung unserer Neutralität!
- Gestehen wir uns ein, dass die bürgerliche Mehrheit in der Vergangenheit nicht alles falsch gemacht hat und wir auch heute noch von vielen weitsichtigen Entscheiden profitieren.
- Geschätzte Anwesende, bleiben Sie patriotisch – patriotisch im Sinne von vaterlandsliebend, heimatverbunden und bodenständig! Denn Patriotismus oder Vaterlandsliebe ist ein Standortvorteil – gerade heute in Zeiten der Globalisierung.
Eine patriotische Rede ist nur dann gut, geschätzte Damen und Herren, wenn die Anwesenden auch aufmerksam zuhören. Darum will ich sie jetzt nicht noch länger vom hervorragenden Apéro abhalten, der gleich auf sie wartet.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!