Die Herbstsession 2017 stand medial ganz im Zeichen der Bundesratsersatzwahl für Didier Burkhalter. Wenn ich in den vergangenen drei Monaten Zeitungen las oder Fernsehen schaute, dann wurde mir das Gefühl vermittelt, dass wir auf einen Thriller zusteuerten – die drei offiziellen FDP-Kandidaten wurden durchleuchtet und es wurde fröhlich spekuliert. Im Bundeshaus nahm ich die Stimmung ganz anders wahr. Bereits am Tag nach Burkhalters Rücktritt wurde ich Ohrenzeuge, als ein Ständerat in einer geselligen Runde fragte: „Wisst Ihr, was Fussball ist? Da rennen 22 Sportler dem Ball nach – und am Schluss siegen die Deutschen.“ Er hielt kurz inne und fuhr dann weiter: „Und wisst Ihr, wie Bundesratswahlen im Jahr 2017 ablaufen? Während drei Monaten rennen 246 Abgeordnete einem Amt nach. Drei erhalten eine Chance und am Ende gewinnt Cassis!“ Der erfahrene Parlamentarier ist übrigens nicht mit Mike Shiva verwandt …

Unserem Parlament war bewusst, dass das Tessin nach der langen Absenz wieder in unsere Landesregierung gehört – die Wahl von Cassis steht für Kohäsion, für die Rücksicht auf andere Landesteile, für den Zusammenhalt. Entsprechend ruhig, würdig und ohne Störmanöver ging sie dann auch über die Bühne. Doch kaum ist eine Bundesratswahl vorbei, werden neue Ansprüche laut. Im Nachgang zur Wahl von Ignazio Cassis steht die Frauenfrage im Zentrum. Bereits im März wurde eine parlamentarische Initiative eingereicht, die fordert, den Anspruch der Frauen auf eine Vertretung in der Regierung in die Verfassung zu schreiben. Bis jetzt war dies nicht der Fall, heute müssen bei der Wahl eines Bundesrats Landesgegenden und Sprachregionen „angemessen vertreten“ sein – nicht aber die Geschlechter.

Wie aber sieht es mit der Vertretung der Landesgegenden in unserer Exekutive aus? Die Zentralschweiz ist seit dem Rücktritt von Kaspar Villiger 2003 nicht mehr in der Regierung vertreten, die Nordwestschweiz gar seit 1995! Anders sieht es in der Ostschweiz aus, die bis 2015 stets mindestens einen Vertreter im Bundesrat hatte. Und dennoch bringt sich die Ostschweiz bereits wieder in Stellung, gut organisiert über Kantons- und Parteigrenzen hinweg. Wenn sich die Zentralschweiz nicht auch geschlossen und lautstark bemerkbar macht, befürchte ich, dass unsere Region bei den kommenden Vakanzen im Bundesrat wieder leer ausgehen wird.

Kolumne „Stimme aus Bern“ – Nidwaldner Zeitung