Vor meiner vierten Session im Ständerat entdeckte ich in der Sonntagszeitung einen Artikel, in dem die Redezeiten aller National- und Ständeräte seit den Wahlen 2015 verglichen wurden – und auf den ich in den folgenden Tagen oft angesprochen wurde. Absoluter Spitzenreiter war SP-Parteipräsident Christian Levrat mit 217 Minuten. Schlusslicht in der Kleinen Kammer war ein gewisser Hans Wicki aus dem Kanton Nidwalden. Ich, der grosse Schweiger? Da staunten wohl viele, die mich kennen… Aber ich kann sie beruhigen – ich spreche einfach an anderen – nicht ratingrelevanten – Orten.

Im Stöckli gilt die Regelung, dass sich Neugewählte in der ersten Session nicht äussern sollen. Dazu kommt, dass ich ja bis Ende Juni 2016 noch ein Doppelmandat innehatte und Nidwaldner Landammann war. Aber dies sind keineswegs die Hauptgründe für meine Schweigsamkeit vor den Mikrofonen des Ständerats! Viel wichtiger scheint mir, dass man nur redet, wenn man einen substantiellen Beitrag zur Diskussion leisten kann. Und weil fast alle Entscheide im Bundeshaus in den Kommissionen und in der Wandelhalle gefällt werden, sprechen ab und zu (zu) viele nur für die Medien und die Galerie. Ob sie damit auch etwas erreichen oder nur die Nerven ihrer KollegInnen strapazieren, das ist eine andere Frage.

Ein Beispiel: Letzte Woche stand die Differenzbereinigung zur Vorlage NAF auf dem Programm – dem neuen Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds. Umstritten war noch der Spielraum bei der Zweckbindung der Mineralölsteuer. Hier war bisher von „maximal 10 Prozent der Einnahmen aus der Mineralölsteuer“ die Rede und sorgte für die Differenz zwischen den Räten. In diversen bilateralen Gesprächen in der Wandelhalle suchte ich zusammen mit Vertretern von SVP und CVP nach einer Lösung, damit die Schlussabstimmung über die Vorlage noch in dieser Herbstsession stattfinden konnte. Den Durchbruch brachte der Vorschlag, dass dem NAF „in der Regel 10 Prozent …“ zukommen sollen. Diese Formulierung erlaubt es, in Zukunft auf Sparprogramme reagieren zu können. Und siehe da – die Räte einigten sich und verabschiedeten die Vorlage mit deutlichem Mehr. Durch eine minim geänderte Formulierung konnte im Hintergrund eine Lösung gefunden werden, ohne dass die Akteure vor die Mikrofone treten mussten. Wirkungsvolle Politik, wie ich meine!

Kolumne „Stimme aus Bern“ – Nidwaldner Zeitung