Geschätzte Damen und Herren

Ich freue mich ausserordentlich, dass ich Ihnen eine Grussbotschaft aus der Zentralschweiz überbringen darf. Schliesslich komme ich aus dem Nachbarkanton Nidwalden, einem richtigen Seilbahn-Eldorado, wie Sie vielleicht wissen. Nirgendwo sonst in der Schweiz ist die Seilbahndichte so hoch wie in meinem Heimatkanton. Bei uns finden Sie Gondel- und Seilbahnen, Zahnrad- und Sesselbahnen – und wohl nicht ganz zufällig auch Weltneuheiten wie Rotair auf den Titlis und CabriO-Bahn aufs Stanserhorn. Aber nicht nur als Nidwaldner habe ich eine grosse Affinität zu Ihrer Branche – ich bin auch ein leidenschaftlicher Skifahrer und benutze sie gerne, seit 2016 Verwaltungsratspräsident der Titlisbahnen und als Politiker setzte ich mich seit Jahren engagiert für gute Rahmenbedingungen für unseren Tourismus ein. Und das werde ich auch in Zukunft tun, egal in welcher Position!-)

Die Seilbahnen sind eine tragende Säule des Schweizer Tourismus. Insbesondere in der Alpenregion haben sie die Funktion eines Zugpferds für die dortige Wirtschaft und stellen eine Schlüsselbranche dar – ohne Seilbahnen würden viele Berggebiete in die touristische Bedeutungslosigkeit versinken, vor allem in der Wintersaison. Schweizweit erwirtschaften die Seilbahnunternehmen mit Transport- und Nebenbetrieben einen Umsatz von gut einer Milliarde Franken pro Jahr und bieten gut 13’000 Arbeitsplätze an. Kurz und knapp: Unsere Seilbahnbetriebe sind in der Alpenregion von zentraler volkswirtschaftlicher Bedeutung!

Damit dies so bleiben kann, haben die nationalen Tourismusverbände (darunter auch Seilbahnen Schweiz) einen gemeinsamen Förderungskatalog für die Standortförderungsbotschaft 2020-2023 des Bundes erarbeitet und diesen im Juli bei unserem abtretenden Wirtschaftsminister eingereicht. Darin fordern die Verbände eine Weiterentwicklung der touristischen Förderinstrumente sowie wichtige Massnahmen zur Stärkung der unternehmerischen Rahmenbedingungen.

Diese Forderungen sind wichtig und berechtigt! Auch ich ärgere mich über branchen- und alltagsfremde Regulierungen, etwa über übertriebene Sicherheitsanforderungen beim Feuerschutz. Oder über für uns praxisferne Arbeits- und Ruhezeitverordnungen, die keine Rücksicht auf die ausgeprägte Wetter- oder Saisonabhängigkeit der Branche nehmen. Geregelt werden diese im „Bundesgesetz über die Arbeit in Unternehmen des öffentlichen Verkehrs“, womit unser Kabinenpersonal beispielsweise Tramführern oder Buschauffeuren gleichgestellt wird. Die geforderten Förderinstrumente und Rahmenbedingungen werden unseren Seilbahnunternehmen zwar sicher helfen, ihre Existenz sichern werden sie sie aber nicht. Ebenso wenig wie die perfekte landschaftliche Kulisse, von der wir hier in der Zentralschweiz ebenso wie viele andere Orte in unserem wunderbaren Land profitieren dürfen. Ja, geschätzte Damen und Herren, die Natur alleine reicht heute nicht mehr. Steter Wandel und stete Anpassungen sind Teil unseres Alltags geworden! Digitalisierung, flexible Ticketgestaltung, Rabatte für Frühbucher- und Schlechtwetter-Skifahrer – dynamische Preise sind nur einige Schlagworte der Stunde.

Die Schweizer Seilbahnen sind aufgrund von Infrastrukturerhaltung und -modernisierung, der zunehmenden Konkurrenz aus dem In- und Ausland und den gestiegenen Ansprüchen der Kundschaft laufend mit hohen Investitionen konfrontiert. Das Investitionsvolumen der Branche für Modernisierungs- und Erweiterungsprojekte beträgt jedes Jahr gegen 400 Mio. Franken. Dieser gewaltige Finanzierungsaufwand ist eine unternehmerische Herausforderung für alle in unserem Berufsfeld  – für die kleinen Unternehmen genauso wie für die grossen. Und die Rezepte für die Beschaffung der notwendigen Finanzen sind so vielfältig wie die Angebote auf den Menukarten in unseren Bergrestaurants!

In ihrer Existenz bedroht sehe ich vor allem Bahnen, die untätig in ihrem (vielleicht kurzfristig sogar erfolgreichen) Geschäftsmodell verharren, die sich nicht weiter entwickeln, die unter Kundenbeziehung an nichts ausser den Verkauf denken, die keine bewusste Zielgruppenansprache und –angebote entwickeln und pflegen –

UND, von zentraler Wichtigkeit, die die notwendigen finanziellen Mittel nicht auftreiben können.

Ja, die Finanzierung von Bergbahnunternehmen ist zur permanenten Herausforderung geworden. Erschwert wird sie durch Besonderheiten, welche die Branche aufweist: Sie ist investitionsintensiv, hat hohe Fixkosten und es muss mit Umsatzschwankungen gerechnet werden. Auch darum stellt die Beschaffung von Eigenkapital oder von Bankkrediten für viele von uns eine grosse Schwierigkeit dar. 

Um ein Bergbahnunternehmen zukunftsgerichtet betreiben zu können, braucht es neben zukunftsträchtigen, innovativen Ideen und Konzepten, nebst hervorragenden Mitarbeitenden vor allem auch Geld – das ist eine Binsenwahrheit. Aber wie komme ich heute zum notwendigen Geld? Hier sehe ich vor allem drei, völlig unterschiedliche, Wege mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten:

  • Billigangebote
  • Geld von der öffentlichen Hand
  • Kreative Ideen über regionale Nischen

Lassen Sie mich kurz ausholen. Die erwähnten Billigangebote waren jüngst in aller Munde, sie sind für mich kein guter und vor allem kein nachhaltiger Ansatz – das zeigen uns auch die medial gepushten, spottbilligen „Hammer-Deals“ aus jüngerer Vergangenheit. Ein zukunftsträchtiges Modell sieht meiner Meinung nach anders aus. Auch mit dem Swiss Travel Pass habe ich persönlich meine liebe Mühe – gute Leistung muss und darf kosten, geschätzte Damen und Herren!

Auch das Geld von der öffentlichen Hand hat seine Tücken – und zwei Drittel der Seilbahnunternehmen sind schon jetzt davon abhängig! Ein Drittel wäre ohne die Unterstützung der öffentlichen Hand kaum überlebensfähig, ein weiteres Drittel ist zumindest teilweise auf indirekte Erleichterungen wie Zinsvergünstigungen oder Gebührenerlasse angewiesen. Mittlerweile sind es bereits so viele Unternehmungen, dass der Direktor Ihres Verbands in einem Interview schon von „too important to fail“ gesprochen hat! Wegen ihrer Bedeutung für die lokale Wirtschaft kommt die Schliessung defizitärer Bergbahnen vielerorts nicht infrage – und wird hinausgeschoben. Aber hinausschieben ist keine Lösung. Es droht lediglich eine Negativspirale!

Natürlich kann man sich überlegen, ob die Beschneiung in einer Destination nicht auch zu einem öffentlichen Auftrag gemacht werden soll – das wäre zumindest eine zusätzliche Erleichterung für die lokalen Betreiber.

Der mühsamste, aber meines Erachtens auch nachhaltigste Weg ist jener über eine Aktualisierung und Anpassung des Angebots und der Infrastruktur, eine Schärfung der Zielgruppen und ein aktives Bearbeiten von Nischen – auch von regionalen. Hier empfinde ich es als hemmend, gefährlich und nicht erfolgversprechend, wenn das Hauptkriterium für den Einsitz im VR eines Bergbahnunternehmens die lokale Verankerung ist. Um zukunftsgerichtet handeln zu können – und dazu gehören eben manchmal auch einschneidende oder unpopuläre Konzeptveränderungen und Neuerungen – ist es eindeutig besser, wenn sich der VR durch sein Know-how und nicht durch Lokalkolorit auszeichnet!

Nebst ausreichendem Eigenkapital – als langfristige Sockelfinanzierung – halte ich einen guten Cash Flow für matchentscheidend und existenzsichernd, damit auch mal der Verlust eines schlechten Jahres absorbiert werden kann und notwendige Investitionen trotzdem gestemmt werden können.

Geschätzte Damen und Herren, unserer Branche gehen die Herausforderungen nicht aus – Klimawandel, demografischer Wandel und Wertewandel, Wandel im Gästemix und Wandel im Zeitalter der Digitalisierung sind ein paar wichtige Stichworte. Wir stecken mitten in einem Umbruch – wir sind gefordert! Auch darum sind Fachveranstaltungen wie dieses Forum so wichtig. Aber noch wichtiger ist es, dass wir auch den Mut und die Energie haben, die aktuellen Erkenntnisse anzupacken und umzusetzen! Diese Kraft und diesen Mut wünsche ich Ihnen und Ihren Seilbahnunternehmen, geschätzte Anwesende. Und natürlich wünsche ich Ihnen jetzt schöne Tage mit vielen inspirierenden, Mut machenden Inputs und Begegnungen an Ihrem Forum in der wunderbaren Zentralschweiz!

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.